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Nummer 1: Mittwoch, 25.April 2012
Nagelstudios, Hitlers Atlantikwall und die Trikot-Mafia
Mit Wiese in die nächste Krise Laut deutschen Medienberichten wechselt Nationaltorwart Tim Wiese (30) am Saisonende ablösefrei zur Turnsportgemeinde Hoffenheim. Mit diesem Transfer erfüllt sich die deutsche Nummer zwei einen großen Traum: Er kann- wie selbst angekündigt- endlich um „Titel mitspielen“ und muss sich nicht jede Woche mit seinen Bremern von internationalen Spitzenteams wie Nürnberg, Augsburg oder Mainz vermöbeln lassen. Für Bremen, Hoffenheim und Wiese ist dieser Wechsel eine sogenannte Win-Win-Win-Situation.
Der Keeper, der angeblich unter anderem auch hoch dotierte Angebote aus Mailand und Madrid (Hauptsache nicht Italien)abgelehnt hat, darf nun endlich in einer Millionenmetropole wie dem 3000-Einwohner Kaff Hoffenheim Bälle halten (oder auch nicht) und muss sich an der Weser nicht jede Woche auf’s neue so komplizierte Namen wie Füllkrug, Trybull oder Hartherz merken. Außerdem passen seine Titelambitionen perfekt zu denen der Kraichgauer. Die TSG war in den letzten zehn Jahren zehn Mal souveräner Stadtmeister in Sinsheim. Wiese hat ja nicht gesagt, um welche Titel er mitspielen will.
Auch die Hoffenheimer profitieren von ihrem neuen Keeper. Da der hundsarme Mäzen Dietmar Hopp mit seiner SAP-Gruppe „Geld sparen will“, um den Verein “endlich auf eigene Beine zu stellen“, sollen die Gehaltsosten drastisch gekürzt werden. Da kommt ein Wiese, der ein 3,5 Mio. € pro Jahr Angebot seines bisherigen Arbeitgebers ausschlug, natürlich gerade Recht. Im Gegenzug soll der Keeper die Hoffenheimer Wirtschaft ankurbeln. Die Geschäftemacher stehen schon Schlange, um unzählige Sonnen-und Nagelstudios sowie Frisöre (Frisörs? Frisörata?) zu eröffnen. Sein Vorgänger Tom Starke hielt von seinem Styling ungefähr so viel wie Sheldon Cooper von Geschlechtsverkehr, der gesunde Menschenverstand von nordkoreanischer Innenpolitik oder der FC Chelsea London von erfrischendem Offensivfußball, war für die Kraichgauer Wirtschaft also kein wirklich Goldesel. Mit Wiese soll nun alles besser werden in Sinsheim-Hoffenheim.
Auch die Bremer von der Weser freuen sich, dass sie Wiese endlich los sind. So war ihr Keeper in den letzten Jahren immer mal wieder für die eine oder andere Eskapade gut. So scheiterte sein Exekutions-Versuch bei Ivica Olic im Mai 2008 zwar kläglich, doch wenn es darum ging, möglichst viel warmen Seich auch einmal von sich zu geben, war Wiese absolute Weltklasse (Was man von seiner Strafraumbeherrschung ja nicht gerade behaupten kann).
Schont weder seine frisch lackierten Nägel noch den Gegner: Tim Wiese
Dafür wird in der kommenden Saison wohl der gut erzogene Sebastian Mielitz im Bremer Kasten stehen. Ein weiterer positiver Effekt für Werder, die mit dem Generationswechsel im Tor ihren Altersschnitt von 12,5 auf 11,7 senken können. Mielitz hat mit Namen wie Füllkrug, Trybull oder Hartherz im Gegensatz zu Wiese auch kein Problem, da sich seiner mindestens genauso beschissen anhört.
Die Leidtragenden des Transfers sind die zwölf Hoffenheim-Fans , die Woche für Woche lautstark ihre Mannschaft anfeuern oder zumindest die gegnerischen Fans beschallen lassen, damit diese nicht lauter sind als sie selbst. Die müssen nämlich nun jeden Freitagmorgen in der BILD-Zeitung lesen (sofern diese in Hoffenheim käuflich zu erwerben ist), dass ihr neuer Star-Keeper auf einen klaren 5:0-Sieg gegen den nächsten Gegner tippt, um dann nach der Niederlage (oder dem 1:1-Heimunentschieden) zu erklären, dass er “nun mal davon ausgegangen sei.“ Immerhin sind solche 1:7-Abschlachtungen wie im März diesen Jahres gegen die Bayern mit Wiese nicht mehr möglich, da er zugegeben ein sehr guter Torwart ist.
Eine sehr interessante Taktikanalyse des Spiels Bayern-Hoffenheim (7:1) . Die gelben Pfeile verdeutlichen die Hoffenheimer Defensivbemühungen. Mit Wiese in Zukunft undenkbar.
Trotzdem dürften aufgrund der bundesweiten Wiese-Sympathie schon bald vor Ideenreichtrum nur so triefende TSG-Plakate wie “Wir brauchen koane Wiese, wir ham schon n Rasen“ oder „Mit Wiese in die nächste Krise“ erscheinen. Aber irgendwann werden auch die aufgrund ihrer jahrtausendelangen Tradition besonders kritischen Hoffenheim-Anhänger ihren neuen Keeper lieb gewonnen haben. Und spätestens dann heißt es: Kreismeisterschaft. Sinsheim. Tim Wiese. Die Frisur hält, der Torwart leider nicht.
Bayrisches Warm-Up > Hitlers Atlantikwall Beim FC Bayern ist die Stimmung hingegen deutlich besser als bei der harten Hoffenheimer Fanszene. Heute Abend steht das alles entscheidende Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid auf dem Programm und die Bayern sind fest davon überzeugt, ins Endspiel einzuziehen. Bei der gestrigen Pressekonferenz in Madrid, die Live auf n-tv übertragen wurde (dafür wurde sogar eine brandneue Dokumentation über Hitlers Atlantikwall um eine halbe Stunde nach hinten verschoben!), waren die Bayern um Trainer Jupp Heynckes auf jeden Fall schon mal so überschwänglich, dass sie genau das ankündigten, was die zahlreichen Medienvertreter hören wollte. Ich zitiere:
"Ich werde meine taktische Aufstellung nicht vorher verraten. Sollte ein Stammspieler nicht spielen, sage ich ihm das heute Abend als erstem." Jupp Heynckes
"Das sag ich meiner Mannschaft, aber nicht Ihnen." Jupp Heynckes über den bestimmten Freistoßschützen
"Ich bin da nicht beunruhigt, weil man aggressiv spielen kann, ohne eine Gelbe-Karte zu erhalten." Jupp Heynckes
"Frühstück, Warm-Up, Mitagsschlaf, Kuchen und dann Abfahrt ins Stadion." Bastian Schweinsteiger über den heutigen Tagesablauf
Nach diesen unfassbaren Insider-News musste die Pressekonferenz abgesagt werden, da dem dicken Marca-Reporter in der letzten Reihe einer abging, da er einfach zu geil auf eine große Story war.
Daumen hoch: Jupp Heynckes plauderte auf der PK über seine Mannschaftsaufstellung und die festgelegten Standartschützen
Von Trikotdieben und Amokläufen Bleiben wir in Madrid. Bei Real schweben nach dem 2:1-Sieg im Clasico in Barcelona am Samstag alle auf Wolke CR7. Und das, obwohl den Königlichen in der vergangenen Woche in München sechs Trikots und sechs paar Schuhe geklaut wurden. ! Die Ermittlungen der Bayrischen Bullen haben bislang keine neuen Ergebnisse liefern können. Immerhin gibt es mittlerweile zwei Verdächtige: Die Vizekusener Verteidiger Michal Kadlec und Manuel Friedrich sind dabei in den Fokus der Polizei gerückt. Die beiden Mitglieder der Leverkusener Trikot-Mafia haben sich bereits im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Barcelona auffällig verhalten, da beide unbedingt das Trikot von Zwergengott Lionel Messi haben wollten, um es dann gewinnbringend an Hoffenheimer Dealer weiterzuverticken, die in Hinterhöfen von gewissen Nagel-und Sonnenstudios ganz böse Geschäfte treiben . Haben sie nun erneut zugeschlagen? Verdächtigt wird Kadlec vor allem aufgrund der Tatsache, dass er am Sonntag-Morgen mit einem Nasenbeinruch beim Bayer 04-Training erschienen ist, den er sich angeblich bei einer Schlägerei mit Kölner Fans zugezogen haben soll. Wer’s glaubt wird selig. Mal ganz abgesehen davon, dass es (bis auf Kevin Großkreutz) eigentlich keinen Fußballer gibt, der so dumm ist, sich als Leverkusener in Köln blicken zu lassen, hätten die Köln-Ultras ihn auch gar nicht getroffen, da sie es in Köln mit dem Treffen ja momentan sowieso nicht so haben. Es muss also eine andere Begründung für seinen Gsichtsbruch geben. Und die liegt auf der Hand: Real-Verteidiger und Kommissar „Der rasende Pepe“ hat Kadlec und Friedrich entlarvt und den Tschechen daraufhin zur Rede gestellt. Oder genauer gesagt, ihm in Wiese-Manier eine verpasst, da sein alljährlicher Amoklauf-Versuch auf dem Rasen der Münchener Allianz Arena letzte Woche ja leider nicht durchgeführt wurden konnte, da ihm blöderweise die Schuhe mit den Platin-Stollen geklaut wurden. Die hat er sich nun zurückgeholt. Ob ein erneuter Racheakt der Trikot-Mafia geplant ist, ist momentan nicht bekannt.
Beweisfoto: Michal Kadlec (r.) entwendet Messi gewaltsam sein Trikot
Tweet der Woche: "Hertha liegt gegen den sicheren Absteiger Kaiserslautern 0:2 zurück... Geht doch einfach freiwillig mit in die 2. Bundesliga und jut is..." Bushido
Noch Fragen? Pech gehabt.
Marc Hauser
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