Polen im Halbfinale gab es seit über drei Jahrzehnten nicht mehr, entsprechend groß waren die Hoffnungen und Erwartungen an die Götter in Weiß-Rot, die Erfolge der goldenen Generation rund um Boniek und Lato, zu wiederholen. Spanien ist im Jahr 2018 vielleicht die größte Hausnummer Europas, entsprechend schwierig sollte sich der Abend für Polen gestalten. Bisher ohne einzigen Gegentreffer durch das Turnier gekommen, löcherte Spanien dies innerhalb einer halben Stunde gleich doppelt und stellte daraufhin das Spiel komplett ein, um Polen auflaufen zu lassen für spätere Konter. So wirklich ausnutzen konnte Polen dies nicht, erst in der zweiten Halbzeit legte man den Schalter um und ging volle Kanone in die Offensive. Mit den eingewechselten Spielern Rybus und Milik setzte man zudem auf eine offensivere Aufstellung mit drei Stürmern und schnellen Flügeln, Lewandowski stand gefühlt nur noch am Strafraum des Gegners. Lewandowski selber war es dann auch der irgendwann nach einer Stunde einen glücklichen Abpraller von de Gea auf seinen Fuß bekam und der Ball langsam ins Tor kullerte. Spanien musste entsprechend wieder etwas für das Spiel tun um nicht noch den Ausgleich zu kassieren, was man sich im Endeffekt durch einen unnötig verursachten Elfmeter selber einschenkte, da Lewandowski ihn selbstverständlich sicher verwandeln konnte.
Beide Mannschaften retteten sich irgendwie über die restliche Spielzeit und auch über die Verlängerung, die Ausdauer war irgendwann im Eimer und die paar wenigen Chancen waren nicht gefährlich genug - Folge:
Elfmeterschießen.
Nach der Pleite im EM-Viertelfinale gegen Portugal hatte Polen das Elfmeterschießen in der Vorbereitung intensiv geübt, wobei Szczęsny als Keeper enorme Aufmerksamkeit bekam, um das Elfmeterschießen durch starke Paraden eventuell selbst bestimmen zu können. Der gezeigte Penalty Shootout spricht für sich, mehr Leidenschaft geht bei einem Weltmeisterschafts-Halbfinale einfach gar nicht mehr. Maciej Rybus, der das Turnier sonst eher auf der Bank verbrachte, hatte den entscheidenden Elfmeter zu schießen und verwandelte diesen, als wäre es für ihn die Macht der Gewohnheit. Polen hatte es also allen Ernstens geschafft, ein 0:2 gegen Spanien nicht nur aufzuholen, sondern am Ende auch noch irgendwie den Platz als Sieger zu verlassen. Viel Kraft hat man sicherlich gelassen, die zusätzlichen 30 Minuten wird man binnen kurzer Zeit auskurieren müssen, ehe man im Finale von Moskau gegen Brasilien unabhängig vom Ergebnis den größten Erfolg der polnischen Fußballgeschichte feiern wird.
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