Bewährungsstrafe für Nadja Benaissa



Die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa ist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das Amtsgericht Darmstadt befand sie der gefährlichen Körperverletzung schuldig.Für die Ansteckung eines Sexualpartners mit dem Aids-Virus ist die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht Darmstadt befand die 28-Jährige am Donnerstag der gefährlichen Körperverletzung und in einem anderen Fall der versuchten gefährlichen Körperverletzung für schuldig. Es setzte die Strafe aber zur Bewährung aus, so dass Benaissa nicht ins Gefängnis muss.
Nach einem in dem Prozess vorgelegten Gutachten steckte die HIV-infizierte Künstlerin im Jahr 2004 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Mann mit dem Aids-Erreger an. Benaissa hatte schon zu Beginn des Prozesses eingeräumt, vor den Sexualkontakten von ihrer Infektion gewusst zu haben. In ihrem Schlusswort als Angeklagte drückte sie am Mittwoch ihr tiefes Bedauern über die Ansteckung des Exbekannten aus und erklärte: „Ich wünsche, ich könnte die Zeit zurückdrehen und es ungeschehen machen.“
Gericht folgt Argumentation der Staatsanwaltschaft

Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten in ihren Plädoyers ebenfalls eine Bewährungsstrafe gefordert, so dass das Urteil am Donnerstag nicht überraschend kam. Damit folgte das Gericht exakt dem Antrag der Anklagevertreter. Staatsanwalt Peter Liesenfeld hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert. Der Verteidiger verlangte eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht und legte sich nicht auf ein Strafmaß fest.
Das Gericht folgte der Argumentation der Anklage, nach der sich der Risiken bewusst war und fahrlässig handelte. Ihr Geständnis zu Prozessbeginn und die Umstände ihrer Lebenssituation seien als strafmildernd zu berücksichtigen, begründete der Staatsanwalt sein erfolgreiches Plädoyer für eine Bewährungsstrafe. Da Benaissa zum Zeitpunkt der Haupttat 22 Jahre alt war, solle sie nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, argumentierte er.
Chronik: Prozess gegen die Sängerin Nadja Benaissa

Im Folgenden eine Chronik der wichtigsten Ereignisse seit ihrer Festnahme in Frankfurt am Main.

11. April 2009: Die damals 26-jährige Sängerin wird vor einem Soloauftritt in einer Disco in Frankfurt am Main festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte Haftbefehl wegen des Vorwurfs der schweren Körperverletzung erwirkt.
14. April 2009: Die Staatsanwaltschaft Darmstadt teilt mit, dass Benaissa vor Jahren trotz ihrer HIV-Infektion mit drei Männern ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt haben soll. Mindestens einer der nichtsahnenden Sexualpartner sei HIV-positiv. Nach Angaben des Pressesprechers Ger Neuber erstattete einer der Männer im Jahr 2008 Strafanzeige. Die Deutsche Aids-Hilfe kritisiert die Verhaftung. Damit werde die Verantwortung für ungeschützten Verkehr allein der Sängerin zugeschoben.
21. April 2009: Nach zehn Tagen Untersuchungshaft ist Benaissa wieder auf freiem Fuß. Wegen der Veröffentlichung der Vorwürfe aus dem Intimleben der Sängerin gerät die Staatsanwaltschaft in die Kritik.
29. April 2009: Der Fall wird zum Politikum: Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) verteidigt vor dem Rechtsausschuss des Wiesbadener Landtags gegenüber der Opposition das Vorgehen der Ermittler.
1. Juli 2009: Benaissa spricht in der RTL-Sendung „Stern TV“ erstmals öffentlich über ihre HIV-Infektion.
15. Juli 2009: Bei der verspäteten Präsentation des neuen No-Angels-Albums in Berlin stellen sich die Bandkolleginnen demonstrativ hinter die Sängerin.
8. November 2009: Benaissa hält eine viel beachtete Rede auf der Berliner Aids-Gala. Sie habe unter enormem Druck gestanden, ihre Infektion geheim zu halten: „Es gab Erpressungen, Drohungen.“
12. Februar 2010: Die Staatsanwaltschaft Darmstadt erhebt Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung. Bei den Vernehmungen habe sie eingeräumt, bereits seit 1999 von ihrer HIV-Infektion zu wissen.
18. Mai 2010: Das Amtsgericht Darmstadt lässt die Anklage der Staatsanwaltschaft zur Hauptverhandlung zu. Der Prozess vor dem Jugendschöffengericht wird auf fünf Verhandlungstage angesetzt.
16. August 2010: Der Prozess vor dem Jugendschöffengericht in Darmstadt beginnt. Benaissa gesteht, ungeschützten Sex mit ihrem früheren Freund gehabt zu haben. „Es tut mir von Herzen leid“, sagt sie. Ihr Exfreund sagt aus, sie habe ihm während einer Affäre im Jahr 2004 ihre Infektion verheimlicht und das Virus auf ihn übertragen.
19. August 2010: Die Richter stellen das Verfahren in einem Fall der versuchten gefährlichen Körperverletzung ein. Dieser betrifft einen der beiden Männer, mit denen Benaissa ungeschützten Sex hatte und es nicht zur Ansteckung kam. Sie hatte ihn bei Dreharbeiten für eine Fernsehshow in der Dominikanischen Republik kennengelernt.
25. August 2010: Laut einem Gutachter ist Benaissa mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ für die HIV-Infektion ihres Exfreundes verantwortlich. Die Staatsanwaltschaft fordert daraufhin in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Ihr Anwalt spricht sich auch für eine Bewährungsstrafe aus, ein konkretes Strafmaß nennt er nicht.
26. August 2010: Benaissa wird zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. (afp/apn)
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