Rechtzeitig vor dem Saisonstart haben wir Peter Stöger und Jörg Schmadtke abfragen können, wie man in Köln in die neue Saison gehen wird, welche Rolle dabei die zusätzliche Belastung durch die Champions League spielt, wie man es schafft, trotz Euphorie und totalen Hype in der Stadt normal weiterzumachen und wie die Zukunftspläne des Erfolgsduos aussehen. Wir haben den beiden Verantwortlichen bei Köln je 5 Fragen gestellt.
Herr Schmadtke, die letzte Saison hat in Köln sämtliche Euphorie ausgelöst, die Mannschaft und die Fans schweben auf Wolke 7. Wie schafft man es, nach so einer Saison weiter bodenständig zu arbeiten und den Erfolg nicht als selbstverständlich anzusehen?
Für den Moment gar nicht. Jetzt dürfen sich die Fans für ihre treue Unterstützung, die Mannschaft und alle Mitarbeiter des Vereins erst einmal für eine grandiose Saison belohnen. Die ganze Stadt lechzte seit Jahren nach solchen Erfolgen und alle die es mit dem FC halten mussten schwere Jahre ertragen. Für den Moment darf man das alles mal vergessen. Aber wir wissen alle was hier die letzten 25 Jahre los war. Niemand hat vergessen wie schnell man von der Spitze verschwinden kann und nach unten durchgereicht wird. Man darf keinen Prozentpunkt an Leistung zurückfahren sonst läuft man Gefahr, dass diese Saison ein einmaliges Erlebnis bleiben wird. Wir sind uns unserer Situation bewusst. Wir werden damit umgehen können.
Sie haben im Sommer 5 neue Spieler ablösefrei geholt, haben sie keine Angst, dass die Mannschaft dadurch das Gesicht verlieren könnte?
Sicher nicht. Wir haben jetzt andere Herausforderungen und mussten dementsprechen den Kader weiter optimieren. Wir schauen schon, ob die Jungs zu uns passen und jedem Neuzugang wird klar dargelegt wie wir ihn in der Gruppe sehen. Wir spielen jetzt Champions League und haben im besten Fall mehr als sechs zusätzliche Spiele in der Saison. Die Ansprüche steigen sowohl vom Umfang als auch von der Qualität her. Da ist es schwierig fünfundzwanzig kölsche Jungs für den Kader zu finden wenn Sie darauf hinaus wollten (lacht).
Es existieren einige Gerüchte und Meldungen, sie seien an Bartosz Kapustka von Leicester City interessiert, die Meldungen reichen von einer einfachen Kontaktaufnahme bis hin zu Bestätigungen, dass sie sich mit dem Spieler bereits einig sind. Was ist da dran?
Die Wahrheit wird wie so oft irgendwo dazwischen liegen. Ich kann und will da keine Wasserstandsmeldungen abgeben. In der nächsten Woche werden wir alle mehr wissen. Er ist ein talentierter Spieler, der in der Premier League nicht so recht zum Zug kommt. Wir beschäftigen uns mit ihm, so wie noch 4-5 andere Bundesligisten und zig Vereine aus anderen Ligen auch. Das ist doch ganz normal. Mehr gibt es da grade nicht zu sagen.
Finanziell hat man durch den Millionenregen aus dem Modeste-Transfer quasi alle Sorgen los, dazu kommen die Prämien aus dem DFB-Pokal und für den zweiten Platz in der Liga, ebenso die Einnahmen aus der CL. Ist Köln noch immer ein Ausbildungsverein, oder ist man mittlerweile in der Lage, auch lukrative Angebote auszuschlagen?
Wir sind durch den Tranfer auf einem Schlag schuldenfrei. Das gab es in Köln seit gut 20 Jahren nicht mehr. Dieser Umstand und unsere sportliche Entwicklung bringen uns natürlich ganz andere Argumente um Spieler nach Köln zu holen. Wir müssen nicht mehr zu allem ja und danke sagen. Dementsprechend hat sich die Situation schon verbessert. Lukrative Angebote hören wir uns natürlich trotzdem an. Das ist die Verpflichtung, die wir gegenüber all unseren Mitarbeitern haben, dass der Verein finanziell gesund ist.
Letzte Frage, durch die ungewohnte Dreifachbelastung steigt auch das Risiko, dass die Mannschaft überspielt sein könnte. Ist die CL für sie nur ein Bonus, und konzentrieren sie sich in erster Linie auf die Liga, oder rechnen sie sich auch international Chancen aus, mehr als 6 Spiele bestreiten zu können?
Wir haben nach etlichen Jahren die Möglichkeit Köln wieder in Europa zu präsentieren. Trotz gut einem Vierteljahrhundert ohne internationalen Auftritt ist der Name 1.FC Köln in Europa immer noch ein Begriff. Wir wollen auch in der Champions League eine gute Rolle spielen, klar. Wir wollen schauen was geht. Jedes Spiel wird für alle im Verein ein Festtag sein. Das haben wir uns verdient. Aber du kannst diese Abende nur genießen, wenn du keine Last aus der Bundesliga mit dir schleppst. Spielst du in der Liga wöchentlich unter den Erwartungen dann können diese Champions League-Abende auch Ballast sein und dann hat da außer dem Festgeldkonto niemand etwas von. Der Fokus muss also auf der Bundesliga liegen. Wenn du da im Soll bist ist die Champions League die absolute Krönung.
Dankeschön Herr Schmadtke für das Gespräch, Herr Stöger, auch an sie ein herzliches Dankeschön, dass sie sich bereit erklärt haben, uns für Fragen zur Verfügung zu stehen. Fangen wir gleich mit einer Frage an, besser gesagt einem Statement, das man in Köln schon so oft gehört hat: Der Ösi ist immer noch Trainer hier! Zudem hat Köln erstmals in die Champions League und nach 20 Jahren wieder ins internationale Geschäft geführt. Haben sie nach so einer Saison nie daran gedacht, vielleicht zu einem größeren Verein zu wechseln?
Wie du sagst: Der Ösi ist immer noch da und wird mit Sicherheit nicht nach einer solchen Saison den Verein verlassen. Da müsste ich ja nahezu verrückt sein, wenn ich jetzt an Abschied denken würde. Alles kommt wie es kommt. Ich denke nicht, dass ich in 20 Jahren hier noch Trainer sein werde. Daher wird der Zeitpunkt früher oder später sowieso kommen, an dem man sich über die Zukunft Gedanken machen muss.
Welchen Stellenwert hat der DFB-Pokalsieg als erster Titel nach über 30 Jahren für sie und den Verein?
Viele meinen ja, dass mit dem Finalgegner Aue der Stellenwert etwas schrumpft. Ich sag dir jetzt was: Das ist völliger Blödsinn! Wir haben uns den Titel schwer verdient und er bedeutet den Leuten hier in der Stadt ungemein viel. Mir selbst kann er gar nicht soviel geben wie er den Fans gibt. Die Stadt dreht durch- nirgends kann man hingehen. Was wir hier ausgelöst haben, ist schon schwer beeindruckend!
Sie pflegen nach wie vor regen Kontakt in die Heimat, können sie nachvollziehen, was beim Rekordmeister Rapid Wien derzeit verkehrt läuft?
Natürlich verfolge ich auch die Situation bei meinen ehemaligen Vereinen. Unter anderem bei Rapid Wien. Es tut schon ein wenig weh, wenn man sieht wie sich die Sache dort entwickelt hat. Zuerst hat man sich von Zocki (Anmerk. der Red.: Zoran Barisic) getrennt und dann irgendwie nicht den richtigen Ansatz gefunden um erfolgreich zu sein. Rapid ist der größte Verein in Österreich. Dementsprechend sind auch die Ansprüche. Diesen gerecht zu werden ist nicht immer leicht. Hier in Köln kann man ja ein Lied davon singen.
Sie haben in der Rückrunde mit einem 3-5-2 spielen lassen, nach anfänglichen Problemen hat das sehr gut funktioniert. Befürchten sie nicht, dass eine Dreierkette in der CL zu gewagt sein könnte, oder anders gefragt, welches System könnte Köln noch spielen? Und birgt ein Systemwechsel nicht zusätzlich eine Gefahr, dass bestimmte Automatismen nicht mehr greifen könnten?
Ich bin sowieso ein Verfechter dafür, dass man innerhalb eines Matches sein System anpassen kann. Man muss oft auf Sachen reagieren, welche man nicht vorhersehen kann. Eine Dreierkette, egal ob Bundesliga oder Champions League, birgt immer kleine Risiken. Wir machen uns aber über kein spezielles Champions League System Gedanken. Eher schon mache ich mir über den Saisonstart gegen Wolfsburg Gedanken. Die Champions League ist nur die Belohnung für die letzte außergewöhnliche Saison. Die Bundesliga ist aber das tägliche Brot. Dort kann es schnell gehen, und man findet sich in ganz anderen Gefilden der Tabelle wieder.
Auch für sie die letzte Frage, Köln spielt in dieser Saison erstmals in der Champions League im Konzert der ganz großen. Wenn sie sich die Gegner wünschen könnten, gegen wen würden sie gerne spielen und wen möchten sie lieber nicht als Gegner haben?
(lacht) Ich wünsche mir drei ausverkaufte Heimspiele mit der speziellen Kölner Heimspielatmosphäre. Ich glaube, wenn da dann die Champions League Hymne ertönnt wird nochmals extreme Gänsehaut auffahren, und zwar bei allen. Aber wenn ich mich jetzt festlegen müsste, würde ich mich über einen großen Namen ala Real Madrid oder Manchester United schon sehr freuen.
Dann danke ich den Herren recht herzlich für die Zeit und wünsche ihnen und dem 1.FC Köln einen erfolgreichen Start in die Saison 2017/18! |
Lesezeichen