Nach dem Trainingslager ist vor dem Saisonstart und so standen bereits auf dem Rückweg aus dem beschaulichen Wallis zwei Testspiele auf der Agenda. In Basel traf man zunächst auf den FC Kopenhagen, gegen den man sich besonders in der ersten Hälfte mehr als schwer tat. Der wieselflinke Rasmus Falk konnte den Klub aus der dänischen Hauptstadt nach knapp 40 Minuten per Volley in Führung bringen. Doch Würzburger kamen mit neuem Elan aus der Kabine und so konnte der frisch eingewechselte Patrick Weihrauch zum 1:1 treffen. Zwar kamen die Dänen anschließend noch zweimal gefährlich vor das Tor der Franken, doch Wulnikowski schien gerade in der zweiten Halbzeit unüberwindbar. Das komplette Gegenteil bot sich im zweiten Freundschaftsspiel gegen Odense im Stuttgarter Gazi-Stadion. Bereits nach 25 Minuten muss der sehr wacklige Jörg Siebenhandl ein drittes Mal hinter sich greifen. Als das Spiel in der zweiten Halbzeit schon verloren schien kippte plötzlich die Begegnung und die Würzburger sorgen innerhalb von 10 Minuten für den Ausgleich. Vor allem begünstigt durch den überflüssigen Platzverweis von Oliver Lund, der Dennis Russ an der Eckfahne brutal von den Beinen holt. Letzterer ist gemeinsam mit Anastasios Lagos an allen drei Toren mehr oder weniger direkt beteiligt. Doch trotz des zwischenzeitlichen Optimismus, geht man am Ende doch noch als Verlierer vom Platz. Denn ausgerechnet Ex-Bundesliga Stürmer und Magath Schützling Rasmus Jönsson steht nach einer Flanke völlig blank und braucht wenige Meter vor dem Tor nur noch einnicken. Im dritten und letzten Vorbereitungsspiel empfing man zur Saisoneröffnung den FC Reading. Gegen den englischen Zweitligisten präsentierte man sich, im Gegensatz zu den beiden anderen Testspielen, um einige Klassen selbstbewusster und konnte nach gut einer halben Stunde durch Elia Soriano in Führung gehen. Doch anstatt danach einzuknicken spielte man frech weiter und scheiterte nur mehrmals knapp an Reading-Schlussman Al Habsi. Wie aus dem Nichts gelang den Engländern aber nach dem Seitenwechsel der überraschende Ausgleich. Danach kämpfte man sich zwar immer wieder in Richtung Strafraum der Gäste, doch eine Großchance sprang dabei nicht mehr heraus. Mit einem gemischten Gefühl gehen die Würzburger also in die neue Zweitliga-Saison, in der es zunächst abzuwarten bleibt ob man die Probleme so schnell wie möglich abstellen kann.
Zwar wurde mit Jörg Siebenhandl ein erfahrener Torwart aus der ersten österreichischen Liga verpflichtet, doch im direkten Duell mit dem alt eingesessenen Robert Wulnikowski muss der 26 Jährige wohl den kürzeren ziehen. „Wulle“ wie er auf dem Dallenberg herzlich gerufen wird, ist bei den Kickers Vaterfigur, Motivator und Spielertrainer in einer Person. Der Mann mit der torwarttypischen Rückennummer 1, Dominik Brunnhübner, wird sich wohl vorerst mit Einsätzen in der Zweiten Mannschaft zufrieden stellen müssen.
Hier kam es in der Vorbereitung zu einer faustdicken Überraschung. Ausgerechnet Dennis Russ, der nach dem Aufstieg in die zweite Liga lange auf der Verkaufsliste stand, konnte vor allem in den Testspielen gegen Kopenhagen und Odense mit seiner Schnelligkeit und körperlichen Präsenz überzeugen. Der Leittragende der Rotation ist niemand geringeres als Sascha Traut, der zu Beginn der Saison als neuer Leitwolf aus Karlsruhe geholt wurde. Doch Hollerbach betonte mehrmals, dass es ein mehr als offenes Rennen um den Stammplatz geben wird. Lediglich Richard Weil scheint aufgrund seiner Schwächen im Spielaufbau zu Beginn der Saison keine Rolle zu spielen.
Das mit Sebastian Neumann ausgerechnet ein Neuzugang die Aufgabe des Kapitän aufgetragen bekommt kam für die meisten zunächst wohl recht überraschend, doch spätestens in den abschließenden zeigte der Ex-Aalener wieso er mehr als nur geeignet ist. Zwar ist der 25 Jährige ein Verteidiger der alten Schule der ohne viel Schnörkel zurechtkommt, doch er strahlt bei seinem Auftreten eine ungeheure Ruhe aus, welche für ein junges, überwiegend unerfahrenes Team von enormer Bedeutung ist. Mit Clemens Schoppenhauer steht neben ihm ein ebenso zweikampfstarker Innenverteidiger, der aber im Gegensatz zu Neumann vielleicht noch ein bisschen geformt werden muss. Der Älteste im Bunde, David Pisot, kam kurz vor Transferschluss aus Osnabrück. Hier war er zuvor lange Zeit vorbildlicher Führungsspieler und Kapitän. Da er aber erst zum Ende der Vorbereitung zu den Franken stoßen konnte wird er genauso wie Franko Uzelac zunächst die nötige Zeit bekommen um sich in Ruhe an den Kader heranzupirschen. Der Kroate Uzelac wird dabei vermutlich noch überwiegend in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kommen.
So eng das Rennen auf der gegenüberliegenden Seite ist, umso klarer ist es auf dem Posten des linken Verteidigers. Eigentlich war hier ebenfalls ein enges Rennen zwischen Routinier Junior Diaz und Peter Kurzweg vorgesehen, doch letzterer verletzte sich im letzten Spiel gegen den FC Reading unglücklich an der Achillesferse und fällt auf unbestimmte Zeit aus. Somit scheint der Platz frei für Junior Diaz, der auf den letzten Drücker aus Darmstadt an den Dallenberg wechselte und mit seiner vielseitigen Erfahrung und seinem kreativen, kämpferischem Spielstil eine enorme Verstärkung darstellen soll. Dahinter reihen sich Felix Müller und Dominik Nothnagel ein, die beide bisher noch mit dem gehobenen Spielstil zu kämpfen haben. Doch gerade Müller könnte in entsprechender Form goldwert sein, da er auf der linken Seite nahezu flexibel einsetzbar ist.
Im Zentralen Defensiven Mittelfeld konnte man mit Anastasios Lagos einen echten Königstransfer tätigen. Der Grieche, der von Panathniakos an den Main wechselt gilt als sehr robuster Spielertyp, der gerade in der defensive sehr vielseitig einsetzbar ist. Dass er aber auch offensiv für die ein oder andere Überraschung gut ist zeigte er in den Testspielen, bei denen er drei Vorlagen beisteuern konnte. Zudem bringt er mit seinen jungen 24 Jahren bereits reichlich Erfahrungen aus Nationalmannschaft, Champions League und Europa League ins beschauliche Frankenland. Die zweite gelungene Verstärkung kommt von Sonnenhof Großaspach. Der Zentrale Mittelfeldspieler war im vergangenen Jahr einer der entscheidenden Leistungsträger im Überraschungsteam aus Württemberg, welches über ein Großteil der Saison ein direkter Konkurrent im Aufstiegskampf der Würzburger war. Mit Emmanuel Taffertshofer konnte man bereits im Winter die erfolgreiche Transferphilosophie der Würzburger fortsetzen, indem man ein weiteres vielversprechendes bayrisches Talent an den Main locken konnte. Letzterer soll aber vorerst in Ruhe hinter Lagos und Schröck aufgebaut und werden und den ein oder anderen Kurzeinsatz sammeln. Dennis Schmitt hingegen gilt mittlerweile als komplett außen vor und wird wohl weiterhin im Trikot der U23 auflaufen müssen. Sowohl gegen Kopenhagen als auch gegen Reading zeigte sich der 23 Jährige als großer Unsicherheitsfaktor und wurde bereits jeweils schon zur Halbzeit ausgewechselt.
Mit knapp 36 Einsätzen und insgesamt 5 Toren war Rico Benatelli bereits in der vergangenen Saison mehr als unumstrittener Stammspieler. Da die Würzburger im Zentralen Offensiven Mittelfeld auf Neuzugänge verzichteten und der Deutsch-Italiener auch in den Vorbereitungsspielen überzeugen konnte, ist davon auszugehen dass er auch in der kommenden Saison seinen Stammplatz ziemlich sicher hat. Doch mit Daniel Nagy und Ioannis Karsanidis lungern zwei hungrige Konkurrenten im Rücken, die beide ebenfalls eine recht gute Figur in der Vorbereitung abgeben konnten. Letzterer ist mit erst 23 Jahren bereits vereinstreuster Spieler bei den Rothosen.
Auf den Außenbahnen dürfte es vermutlich das wohl spannendste Rennen im gesamten Kader geben. Derzeit haben wohl Nejmeddin Daghfous und Valdet Rama die Nase vorne. Daghfous gilt als verspielter Offensivmann mit einem enormen Zug zum Tor und durchaus gefährlichen Standards. Rama, der im Sommer bei den Löwen aussortiert wurde, ist hingegen mehr als Flankenläufer und Vorbereiter sowie für seine variable Spielweise bekannt. Wie die beiden, verfügt auch Amir Sharpouzadeh über eine gewaltige Erfahrung. Der Routinier, der über mehrere Saisons gesetzter Führungsspieler bei den Franken war, dürfte in der 2. Liga aufgrund seines fortgeschrittenen Alters in Bezug auf Fitness und Kondition allerdings schnell an seine Grenzen kommen und stellt vermutlich wie auch schon in den Testspielen eher eine mehr als aquädate Einwechseloption dar.
Wie auch im Zentralen Mittelfeld ist die Position des Stürmers ohne einen gewissen Deutsch-Italiener kaum noch vorzustellen. Der große Bruder von Villareals Roberto Soriano, lief nach seinem Wechsel in der vergangenen Winterpause zur Höchstform auf und konnte alleine in der Rückrunde satte 10 Treffer erzielen. Neben seinem eisernen Kampfgeist ist auch sein unberechenbares Stellungsspiel eine große Gefahr für den Gegner. Eine Verletzung des vermeintlichen Stammspielers wäre daher ein mehr als heftiger Dämpfer im Kampf um den Klassenerhalt. Doch für den Fall der Fälle wurde mit Marco Königs ein erfahrener Torjäger von Fortuna Köln verpflichtet, welcher seinen Torriecher nun auch in der 2. Bundesliga unter Beweis stellen soll. Patrick Weihrauch hingegen folgt dem nahezu gleichem Schema wie Taffertshofer und vielen weiteren jungen Neuzugängen. Der mittlerweile 22 Jährige verpasste mehrmals den Durchbruch bei den hiesigen Bayern und soll nun wieder Blut lecken um zu alter Stärke zurückzufinden. Da der Sturm aber zunächst in fester Hand ist, wird Weihrauch zu Beginn vermutlich vermehrt im Offensiven Mittelfeld zu Einsatz kommen. Hier überzeugte der meisterliche Neuzugang bereits mit einem Assist und einem Tor im Spiel gegen den dänischen Vertreter aus Kopenhagen. |
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