Wenige Tage nach Neujahr 2019 hatte ich wieder ordentlich Grund zu feiern. Auch wenn das Leben für mich im letzten halben Jahr nur Enttäuschungen für mich parat hatte, hatte ich nie die Hoffnung aufgegeben, aus diesem Tief wieder rauszukommen. Als mich Pinturicchio an jenem 5. Jänner gegen 11 Uhr Vormittag anrief und mich bat, mit dem nächsten Flieger über den großen Teich zu fliegen, konnte ich an seiner Stimme bereits hören, dass er etwas eingefädelt hatte, um mich wieder zurück ins Profigeschäft zu holen. Ich wollt ihm den Moment nicht vermiesen, da ich bereits von Bastian Schweinsteiger alles wusste, dass Chicago Fire plante, mich, nach dem Karriereende meines Leidensgenossen bei Manchester United, als Designated Player zu holen. Da mein Marktwert durch den Absturz natürlich im Keller war und eine mögliche Verpflichtung auch gewisse Risiken barg, wusste ich, dass 'Schweini' wohl einiges an Überzeugungsarbeit geleistet hatte. Ich buchte also den ersten Flieger in Richtung Vereinigte Staaten und war glücklich, dass ich endlich bald wieder auf dem Platz Höchstleistungen zeigen konnte. Chicago war zudem eine schöne Stadt und immerhin würde ich zum letztjährigen Überraschungschampion wechseln.
'Da bist du ja endlich!' begrüßte mich Pinturicchio bei meiner Ankunft am O'Hare International Airport zu einer mir unbekannten Uhrzeit, der Jetlag lässt grüßen.
'was hat das solange gedauert, man könnte fast meinen, du bist aus Mexiko hierher gekommen!'
'Frag mich doch was leichteres, ich habe in den letzten..... sagen wir einmal Tagen, so kam es mir nämlich vor, den Flieger nicht verlassen und versucht zu schlafen, was mir aber kaum möglich war.' Auf der Uhr in der Ankunftshalle, konnte ich sehen, dass es fast 22 Uhr Ortszeit war, damit war ich fast 4 Stunden später hier angekommen, als geplant, allmählich ließ mich der Gedanke nicht los, dass wir womöglich doch über Mexiko eingereist waren.
'Ich hol dir ein Taxi, schau zu, dass du ins Hotel kommst, es ist schon alles gebucht, ruh dich ordentlich aus, dass du morgen nicht so' er musterte mich von oben bis unten
'gebraucht aussiehst, um 15 Uhr will dich Präsident Andrew Hauptman in der Geschäftsstelle treffen, du wirst um 14:15 Uhr hier abgeholt!'
'Danke nochmals!'
'Keine Ursache.'
Vor dem Gespräch verschaffte ich mir noch schnell einen Überblick über den Kader, es war immer gut, vorbereitet zu sein:
Im 4-5-1 System rechnete ich mir gute Chancen auf einen Stammplatz aus. Auf den ersten Blick sah der Kader durchschnittlich stark aus, mit Accam war der stärkste Spieler auf dem Flügel beheimatet, der nicht nur gute Flanken schlagen, sondern auch technisch versiert war und aus der Mannschaft herausragen sollte. Im Tor stand mit Matt Lampson ein erfahrener Mann, der 2016 zu Fire kam, wirkliche Sicherheit strahlte er aber zumindest in den ersten Spielen nicht aus.
Die Viererkette hinten ist das Herzstück von Chicago, mit dem Brasilianer Ramos, dem Holländer Kappelhof und den beiden Amerikanern Campbell und Vincent stehen nicht nur Routine, sondern mit die stärksten Spieler bereit. Im Mittelfeld wird Nationalspieler Matt Polster den Part des Sechsers übernehmen, davor bilden die beiden Legionäre Goossens und Accam zusammen mit den beiden Amerikanern Stephens und dem jungen Halb-Peruaner und Eigenbauspieler Collin Fernandez im Zentrum die Viererkette im Mittelfeld.
Im Angriff wird es wohl auf ein Duell zwischen Luis Solignac und mir hinauslaufen, der Argentiniert schwächelte allerdings letzte Saison und ist zudem 7 Jahre älter als ich. Auch Calistri spielte in der Vorbereitung stark und könnte zur ernsthaften Konkurrenz werden, sollte ich keine Leistungen bringen.
Was für ein Moment, was für ein Gefühl! Endlich wieder auf dem Platz zu stehen war seit Monaten der Gedanke, auf den ich mich vorbereitet hatte und gefreut hatte wie ein kleines Kind. Beim Anblick der Menschenmasse im kanadischen
Toronto rollte mir vor den rund 30.000 Zuschauern eine Träne über die Wange, als der Stadionsprecher meinen Namen verkündete und der Beginn des ersten MLS-Spieles kurz bevorstand. Obwohl ich die Vorbereitung fast komplett verpasst hatte, konnte ich in den letzten Trainings schon zeigen, dass ich es noch kann, dennoch kam die Startelf für mich doch sehr überraschend. Ich war topmotiviert, als es dann endlich losging, die Euphorie im Team hatte mich bereits angesteckt und man merkte, dass der Titel letzte Saison einiges bewegt hatte.
Toronto auswärts war keine einfache Aufgabe und wir hatten Mühe, den Laden in den ersten Minuten hinten dicht zu halten, unser Schlussmann, Matt Lampson machte nicht immer den sichersten Eindruck und ließ einige Bälle ungeschickt nach vorne abklatschen. Doch es ging alles gut, die erste halbe Stunde überstanden wir trotz großem Druck ohne Gegentreffer. In Minute 34 dann der Erfolgsmoment für uns. Mavinga stand zuweit von seinem Gegenspieler, nämlich mir, entfernt, ich nutzte den unerwarteten Platz und traf aus kurzer Distanz zum 0:1. Toronto versuchte schnell zu antworten, erhöhte schnell wieder den Druck, aber unsere Defensive stand bombensicher.
In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel schnell eintönig, Toronto schien seine Munition bereits in Hälfte eins verpulvert zu haben und wir glänzten durch Passivität. Nach 61 Minuten war mein Auftritt dann auch vorbei, Luis Solignac kam für mich ins Spiel, konnte aber kaum Akzente setzen, letztendlich blieb es beim 0:1.
Drittes Spiel, zum dritten Mal 1:0. Derzeit glänzen wir durch Minimalismus, und auch wenn die drei Siege unterschiedlicher nicht hätten sein können, machte uns die Harmlosigkeit im Abschluss doch einige Sorgen. Gegen Toronto haben wir glücklich gewonnen, waren nicht umbedingt das bessere Team, gegen
Real Salt Lake City waren wir drückend überlegen, schafften es aber nur einen von 15 Torschüssen zu verwerten und heute gegen
Montreal Impact war es ein ausgeglichenes Spiel. Leider eines, bei dem sich beide Mannschaften im Mittelfeld neutralisierten und es kaum Torszenen gab. Nach einer guten Stunde sah ich dann meine Chance, ich schüttelte auf dem Flügel meinen Gegenspieler ab, zog zur Mitte, und dachte mir wenige Augenblicke, bevor mein Gegenspieler kam einfach einmal, ich probiere es. Ich zog ab, satter Hammer und ab damit ins kurze Eck, wuchtiger Kracher unter die Latte, das 1:0. Wenige Minuten später durfte ich dann auf der Bank Platz nehmen, die letzten 20 Minuten bekam Calistri eine Chance, traf immerhin einmal die Querlatte.
Nach einem enttäuschenden 0:0 gegen Neuling
Miami Vice FC ging es am 5.Spieltag gegen die
Timbers aus Portland in ein schwieiriges Auswärtsspiel. Dabei begann das Spiel gar nicht gut, denn nach nur 9 Minuten musste Goossens verletzt vom Feld, für ihn kam der El Salvadorianer Arturo Alvarez ins Spiel. Dieser leitete indirekt auch das 1:0 durch Adi ein, er verlor den Ball im Mittelfeld, Portland schaltete schnell und Adi stand am Ende der Kette und brauchte nur noch den Fuß hinzuhalten. Kurz vor der Pause half uns dann aber die Heimmannschaft zurück ins Spiel. Rechtsverteidiger Powell leistete sich einen folgenschweren Schnitzer, denn sein Rückpass wurde viel zu kurz, Accam spritzte dazwischen, schaffte es noch, mir den Ball hinüber zu spielen und ohne Mühe schaffte ich es, auszugleichen.
Nach der Pause kamen die Timbers erneut in einem Flow, man merkte deutlich, wer hier den Ton angab, leider leistete sich auch unsere sonst so sichere Abwehr an diesem Nachmittag einen Schnitzer. Nach einer Ecke brachte man den Ball nicht weit genug weg, der Ball kam wieder zu Adi und der brachte Portland erneut in Führung. Aber nur 6 Minuten später traf der eingewechselte Spanier Candela nach einer Ecke wuchtig per Kopf zum 2:2. Dabei blieb es auch, zwar erneut nur ein Remis, mich freute aber die Tatsache mehr, dass ich das erste Mal über 90 Minuten spielen konnte und konditionell schon wieder voll auf der Höhe war. Nächste Woche geht es dann in die Hauptstadt zu
D.C. United.
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