Draußen wurde es allmählich wärmer, das bemerkte ich nicht nur, weil ich allmählich mit kurzen Shirts aus dem Krankenhaus in Richtung Park gehen konnte, sondern auch, weil die Röcke bei Ioana von Tag zu Tag kürzer wurden. Bogdan ließ sich momentan selten blicken, er hatte Stress mit seiner 'Alten', die ihm nach seiner Sauftour zum Geburtstag eine ordentlich Szene gemacht hatte und dass er mehr Zeit mit mir verbrachte, als mit ihr. Inszenierte Eifersucht war meine Meinung dazu. Doch es sollte mich nicht weiter stören, denn ich wusste, dass mir ab der zweiten Woche, wo ich endlich diesen Ort, den ich die letzten fast 7 Monate mein Zuhause nannte, endlich verlassen konnte, die uneingeschränkte Aufmerksamkeit von Bogdan wohl gehören würde, auch dann, weil es an die Planungen für die Riesenparty zu meinem 18. Geburtstag ging. Ich verbrachte die letzten Tagen viel mit Ioana, redeten und ''redeten'' viel miteinander und wussten beide, dass uns nur ein Zufall und unsere gemeinsame Vorliebe für 'running ham', wie wir es nannten uns die Bekanntschaft ermöglichte. Und nein, Runningham war nicht die Nachbarortschaft von Birmingham, sondern unsere nette Umschreibung für die 'Gruppe fülligerer Ladies beim Sport'. Dieser Spruch stammte übrigens von Alexandru, meinem Betreuer, der ein paar mal vorbei schaute, aber ihm graute vor Krankenhäusern. An diesem Abend spürte ich aber, dass Ioana verschlossen wirkte, sie war nicht so locker und leicht drauf wie sonst, es schien sie etwas zu bedrücken.
'An deinem Blick kann man fast denken, dass du wünscht, ich wäre noch ein paar Monate länger hier drinnen,' begann ich spielerisch,
'was ist los mit dir, du solltest dich freuen, ich komme nächste Woche endlich hier raus und rate mal, wer als erstes meine Schlafzimmer sehen darf?' Ioana drehte den Kopf zur Seite, mit dieser Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Ich nahm sie in den Arm und fragte sie erneut, blieb aber diesmal Ernst, was sich als schwieriger herausstellte, als ich dachte.
'Sorin, ich..... ich, ich werde Anfang Juli zurück nach Timişoara gehen, meine Mutter ist schwer krank und braucht mich. Bis Juli kümmert sich mein Bruder noch um sie, aber seine Firma hat ihm nur bis dahin Urlaub gegeben!' Ich schluckte, dass sie aus Timişoara ist, hatte ich in unserer bis dahin eher flüchtigen Bekanntschaft, in der wir wenig redeten, nicht gewusst, ich nahm an, sie sei auch aus Bukarest.
'Zu meinem Geburtstag bist du aber schon noch hier, ich möchte, dass du meine Freunde kennen lernst und sie dich!' antwortete ich ihr und war über meine eigenen Worte ziemlich überrascht. Sie nickte und küsste mich sanft. Zumindest die nächsten 3 Wochen wollte ich noch eine schöne Zeit lang haben, ob es darüber hinaus weiter ging, wusste ich nicht, von Fernbeziehungen hielt ich soviel wie von Krankenhausaufenthalten!
Die nächsten Tage liefen rasch dahin, Ioana war wieder ganz die Alte, ließ sich nicht anmerken, dass diese 'Wahl' ihr wohl doch gar nicht gefiel, aber ich konnte es zwischendurch in ihrem Gesicht sehen. Bogdan kam auch und wir packten zusammen alles ein, was ich mithatte, in 7 Monaten sammelte sich alles mögliche zusammen, sodass wir insgesamt 3 mal gehen mussten, um alles nach draußen zu bringen. Ich drehte mich nicht um, denn vermissen würde ich diesen Ort auf keinen Fall, höchstens eine Erinnerung an den Abstellraum, wo sich Ioana und ich gestern vergnügt hatten, würde wohl irgendwann in meinen Träumen auftauchen. Während meinem Aufenthalt ließ sich überraschenderweise auch Becali höchstpersönlich ein paar mal blicken, was mich freute, denn so bekam er ein ganz anderes Bild von mir, einen normalen Sorin Alin Tătăruşanu zu sehen. Er ließ auch für den Tag meiner Entlassung einen Wagen kommen, der Bogdan die Lade runterkippen ließ. Doch zu seinem Schrecken ahnte er nicht, dass das ein Zweisitzer war und er den Weg zu meiner Wohnung alleine auf sich nehmen musste. Fluchend ließen wir ihn im Staub des nagelneuen weißen Mc Laren 12C zurück.
So lässt es sich nach 7 Monaten Krankenhaus leben!
Zu meiner Überraschung hatte Becali aber auch an meine persönlichen Sachen gedacht und sie mit einem Klein-LKW abholen lassen, ob der Bogdan auch mitgenommen hatte? Der Fahrer des weißen Mc Laren setzte mich direkt vor der Villa von George Becali ab, dagegen wirkte der Mc Laren schon fast wie eine Schrottkiste. Ich war noch nie hier und es überraschte mich, dass er mich hierher bat. Was gab es so wichtiges, dass nicht bis zum nächsten Mal warten hätte können. Becali empfing mich in einem vergoldeten Raum, der sicherlich doppelt so groß wie meine Wohnung in der Innenstadt war. Er deutete mir, mich zu setzen und ließ mir, als ob er meine Akte gelesen hätte, eine Guavenlimonade bringen. Hatte ich eine Schwäche, dann war es Guavenlimonade. Bevor ich noch dazu kam, ihn zu fragen, woher er das wusste, fing er an zu lachen und legte mir einen Zettel hin. Es war ein Vertragsangebot von einem Klub, den ich zuvor schon einmal gehört hatte, aber dass die mich wirklich wollten, konnte ich mich glauben. Crystal Palace, englischer Erstligist und damit Premier League, mein Wunschziel. Becali erklärte mir, dass sie von meiner schweren Verletzung wussten, ich solle mich mit dem Scout von Crystal Palace, der nächste Woche in der Stadt sein wird, in Verbindung setzen und ein Gespräch vereinbaren. Becali dürckte mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer in die Hand, und wünschte mir noch gute Besserung, ehe ich von dem weißen Mc Laren, der in dem Teil der Stadt, wo ich wohnte, schnell eine Masse von Menschen auf sich zog. Bogdan wartete schon vor der Tür und war alles andere als erfeut, dass ich ihm keinen Schlüssel mitgegeben hatte und er im Regen stand. Zum Glück taten das meine Sachen nicht, die waren bereits hinauf transportiert worden, was meine Frage erübrigte, ob er denn im Transporter mitfahren durfte. Bogdan und ich verbrachte den Abend mit Fußball schauen, es lief die letzte Runde und Steaua war tatsächlich noch mal gefordert, das Spiel gegen Concordia Chiajna stand an und wir könnten mit einem Sieg den Tabellenführer, Aufsteiger Tirgu Mures überholen. Das Spiel begann gut, wir ließen dem Gegner nur bedingt eine Chance und drückte auf die Führung, aber routinierte Matache im gegnerischen Tor ließ unsere Offensive verzweifeln. 'Curva, kann doch nicht sein, dass der nicht reingeht' ließ Bogdan seinem Frust freien Lauf, ich hoffte nur, dass wir diese Partie gewinnen würde, denn ich war mir nicht sicher, ob ich schon stark genug auf den Beinen war, um Bogdan am lynchen meines Fernsehers zu hindern. Aber dann konnten wir endlich in Führung gehen, ein Elfer brachte uns die hochverdiente Führung, Bogdan holte eine Flasche aus seiner Tasche, Vodka, gute Marke, ich war zwar offiziell noch nicht 18, aber psssst!
Unsere Stimmung kippte aber rasch, als der Gegner in der zweiten Hälfte besser aus der Kabine kam und der Brasilianer Fernando Boldrin das Spiel im Alleingang drehte. Zum Glück waren die Reaktionen von Bogdan nur oraler Natur, was meine Nachbarn an meine Tür trieb, die meinten, man sollte seinen Mund mal mit Natronlauge spülen. Auf meine Nachfrage, ob Vodka die selbe Wirkung hätte, ließen sie sich zum Glück wieder abwimmeln, es ging doch nicht über nervtötende und geräuschempfindliche Nachbarn, schon gar nicht um 22 Uhr unter Tags. Zum Glück konnte unser Wechselstürmer Gabriel Iancu noch den Ausgleich erzielen, was aber nicht reichte, um vor den letzten 3 Spielen die Tabellenführung zu erobern. Bogdan ließ mich danach alleine, torkelte, die fast leere Vodkaflasche in der Hand die Stiegen hinab und ieß die Tür unten ins Schloss knallen.
Am nächsten Tag kamen wir mit unseren Geburtstagsvorbereitungen weiter voran und waren uns auch einig, dass wir in einem Club in der Nähe des Stadions feiern wollten. Dieser Club war bekannt für die Fans von Steaua und als Spieler würde ich vielleicht sogar einen guten Preis bekommen. Allerdings war es fraglich, ob wir die Zusage für weit mehr als 50 Personen bekommen würden. Ich wollte mich dazu mal die Tage mit dem Klubbesitzer in Verbindung setzen.
Währenddessen brachte ich die, sagen wir einmal Beziehung, mit Ioana auf ein höheres Level, zumeist bestanden unsere Abende aus Herummachen, fummeln und anschließend Sex, bevor sie sich spät noch aus dem Staub machte. Doch diesmal hatte ich sie in ein edles Restaurant eingeladen, das sollte für den miesen Krankenhauskaffee entschädigen, anschließend ging es heim und wir kuschelten uns aneinander, während wir zusammen einen dieser schier unendlichen Liebesfilme anschauten. Zugeben, sie schaute, ich konnte aber währenddessen ungestört mit Bogdan über die Partie schreiben, die Liste stand soweit, es wurde 83 Personen, davon alle aus der Mannschaft, meine und Bogdans Freunde, Ioana und ein paar Leute, die für die Stimmung verantwortlich waren, Bogdan kannte sie nur flüchtig. Ioana bekam natürlich mit, das der Film mich kaum interessierte. Welchen Mann würde sowas denn auch interessieren, wenn nicht mindestens einer gekillt wurde, oder zumindest ein Tor fallen würde. Sie war mir aber nicht böse und lotste mich mit der Hand langsam in Richtung Schlafzimmer. Zugegeben, dieser Teil war wieder wie sonst auch, aber ich konnte sie überreden, über Nacht zu bleiben.
Am nächsten Morgen musste ich relativ früh zur Physiotherapie und unser Abschied war kurz und eher oberflächlich. Später schrieb sie mir, dass sie für ein paar Tage zu ihrer Mutter fahren müsse, aber sie wolle rechtzeitig zum Geburtstag wieder zurück sein. Dann war es also so weit, der 27. Juni stand auf dem Kalender und ich wachte glücklich auf. Zwar hatte ich seit Tagen nichts mehr von Ioana gehört, nachdem sie 3 Wochen bei ihrer Mutter war, kam sie für ein paar Tage wieder zurück, die Sehnsucht nach mir trieb sie hierher. Aber sie wirkte unglücklich, verspannt, sie sagte mir, dass es um ihre Mutter sehr schlecht stand und sie deshalb bald wieder zurück müsse. Ich war zwar nicht gerade glücklich darüber, aber zeigte Verständnis und wünschte ihr viel Kraft. Es war schon fast 19 Uhr und ich wurde zunehmend unruhiger, zugegeben, die Partie stand und das war das wichtigste, aber insgeheim wollte ich schon, dass Ioana mitfeierte. Bogdan drängte mich dann gegen 22 Uhr zum gehen, nachdem ich immer noch nichts von ihr gehört hatte schickte ich ihr die Adresse per Whatsapp und begab mich mit Bogdan auf den Weg zur Partie, nicht, ohne vorher das ein oder andere mitgebrachte Bier zu verzehren.
Wir hatten einen großen Kellerraum gemietet, dafür nicht nur einen sehr guten Preis bekommen, sondern auch Alkohol zum Umfallen. Dieser floss in Strömen und schnell war bei mir der Gedanke an Ioana verfogen, Bogdan gab den Ton vor und brachte die Stimmung auf einen Top-Level. Ich ließ es mir nicht nehmen, mit ihm zu fortgeschrittener Stunde auf den Tresen zu steigen und laut und gröhlend auf rumänisch zu rappen, woraufhin alle mit einstiegen und sich der Raum Stimmungsmäßig an die berüchtigte Südkurve unseres Klubs verwandelte. Es wurde gefeiert, gesoffen, alle hatten Spaß, so ging es weiter bis in die frühen Morgenstunden. Bis 6 Uhr hatten wir den Raum gemietet, und tatsächlich kam einer der Clubbesitzer vorbei und bat uns um kurz nach 6 den Raum zu verlassen. Die meisten hatten völlig blau den Heimweg angetreten, oder waren anderweitig unterwegs, aber eine Gruppe aus rund 8 Personen, darunter Bogdan und ich warterten noch in Richtung Stadion. Vor dem Parkplatz fielen unsere Blicke dann auf einen abgestellten Mannschaftsbus, der normalerweise in der Garage stehen sollte. Während die einen nur den Bus bestaunten, kannten die beiden 'Stimmungsmacher' von Bogdan offenbar keine Grenzen mehr und brachen die Tür des Kolosses auf. Drinnen ging es rund, auf wenn der Alkohol mittlerweile zu Ende war, der Stimmung tat das keinen Abbruch. Einer der beiden grölte laut, er wisse, wo wir um die Zeit noch Alkohol bekommen würden und hatte die grandiose Idee, den Bus kurzzuschließen. Nicht nur, dass ihm sein Übermut ihm bald zum Verhängnis wurde, denn er fand sich auch noch in der Lage, den Bus zu lenken, sondern dass er dachte, man würde damit auch sicher ans Ziel kommen, erwies sich bald als falsch, denn nach ein paar Kreisen und einer ruckartigen Lenkradbewegung setzte er den Bus frontal an die Stadionwand. In diesem Moment schaltete mein Gedankte wieder rasend schnell: WEG HIER, aber schnell!
Quellen: Mc Laren, Party
Lesezeichen