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Nachdem ich mich am vergangenen Wochenende etwas überraschend mit Amanda getroffen und sogar einigermaßen versöhnt hatte, ging es sieben Tage später endlich los im Fußballgeschäft in München. Die Spieler hatten sich nochmal eine Trainingswoche lang komplett reingehauen und da alle Spieler fit und gesund waren, konnte ich aus dem vollen Schöpfen und es kristallierte sich die Startelf heraus, die ich generell von Beginn an präferiert hatte. Der Gast aus Heidenheim war ein zum Start nahezu perfekter Gegner und einer von nur zwei Vereinen, die in der Hinrunde weniger Siege einfahren konnten als 1860 und auch in der heute natürlich bei weitem nicht ausverkauften Allianzarena sollte sich das nicht ändern.
„Ich hab 'n ****** Gefühl.“ sagte mir Niels, als wir unter dem den Spielern geltenden Applaus der Fans auf der Bank Platz nahmen. Ich nickte und sagte. „Das kenne ich. Sorgen muss man sich nur machen, wenn das auf einmal weg ist.“ beruhigte ich ihn. Doch das Spiel gab keinerlei Anlass zur Sorge, das flexible dreier-Mittelfeld mit Stahl, Pereira und Adlung sorgte für viel Ballbesitz und direkt wurde es Gefährlich: Pereira dribbelte die Abwehr an und legte dann den Ball auf den Linksaußen Marius Wolf. Der nahm das Leder mit dem Außenrist mit, sah kurz hoch und chippte die Flanke dann in den Rücken der Abwehr. Dort kam Rubin Okotie angeflogen, setzte sich gegen Wittek durch und wuchtete den Ball per Kopf ins Tor. Ich sprang auf und schlug mit Niels ein. „Na sag' ich doch!“ stützte ich meine These von vor dem Anpfiff, bekam aber nur ein amüsiertes Kopfschütteln. Die Partie wurde in der Folgezeit zu einem Gebolze auf unterstem Zweitliganiveau. Adlung und Pereira hielten zusammen bestimmt 50% unseres Ballbesitzes, fanden aber offensiv keine Anspielstationen. Erst kurz vor der Pause gab es den nächsten gefährlichen Abschluss: Nach Doppelpass mit Pereira legte Adlung den Ball halbrechts auf den weit aufgerückten Gary Kagelmacher. Der Uruguayer stoppte den Ball, ließ mit einer Flankentäuschung Arne Feick aussteigen und bediente Andreas Pereira links am Strafraumrand, doch der Schlenzer des Brasilianers war dann zu hastig und unüberlegt und daher kein Problem für Heidenheim-Keeper Müller. In der Halbzeitpause war ich mit der Leistung mehr als zufrieden, die Spieler standen defensiv sicher und hatten nach vorne zwar nur eher wenig Durchschlagskraft, spielten jedoch taktisch diszipliniert und die Angriffe ruhig und sauber aus. Doch in Durchgang zwei zeigte sich ein völlig anderes Bild – Heidenheim war bissiger und auf dem Weg in die Offensive. Eine halbhohe Hereingabe vom offensiv auffälligen Arne Feick rutschte an den zweiten Pfosten durch, wo Smail Morabit mit einem Volleyschuss knapp am kurzen Eck vorbeizielte. Kurz danach war es der zweite Heidenheimer Stürmer Daniel Frahn, der mit einem Kopfball Ortega zu einer Glanzparade zwang. Ich sah mich gezwungen, den schwachen Kagelmacher aus der Partie zu nehmen und brachte Vladimir Kovac, der sich auch direkt mit einer gelben Karte bemerkbar machte. Doch der Slovake bekam die Abwehrseite wieder in den Griff, Heidenheims Offensivdrang war gemindert und auf der Gegenseite hatten wir dann eine gute Gelegenheit: Der für Okotie in die Begegnung gekommene Fejsal Mulic wurde von Krisztian Simon bedient und köpfte aus vollem Lauf aufs Tor, doch dieses Mal war Müller zur Stelle und parierte. Heidenheim konnte sich nicht mehr nachhaltig in unserer Hälfte festsetzen, wir verwalteten die Führung souverän und mussten erst in der absoluten Schlussphase nochmal zittern. Eine Ecke kam nach innen gesegelt, der Ball landete inmitten einer Spielertraube und konnte nicht wirklich geklärt werden. Auf Umwegen trudelte das Leder dann vor die Füße des eingewechselten Vogelsammer, der am Fünfmetereck plötzlich freie Bahn hatte – doch den Ball falsch traf und knapp einen Meter über die Latte setzte. Damit war es geschafft, und als der Schlusspfiff ertönte, war die Erleichterung auf der ganzen Trainerbank spürbar.
Rubin Okotie traf zur verdienten Führung
Für das nächste Spiel – das prestigeträchtige Bayernduell mit dem 1. FC Nürnberg – mussten wir an der Startelf leider eine Veränderung vornehmen und konnten nicht die siegreiche Elf vom Heidenheim-Spiel übernehmen. Mittelstürmer und Siegtorschütze Rubin Okotie hatte mit Muskelproblemen zu kämpfen und stand nicht im Kader, für ihn begann der Montenegriner Stefan Mugosa. Der hatte auch direkt die erste Chance: Eine Ecke von Andreas Pereira fand den Kopf des Hünen, doch dieser brachte nicht genug Druck dahinter und köpfte deutlich über die Latte. Danach fand auch Nürnberg besser ins Spiel, auch wenn sich die Begegnung weiterhin auf äußerst überschaubarem Niveau abspielte. Den ersten im Ansatz gefährlichen Abschluss verzeichnete der Gastgeber nach gut 20 Minuten: Ein Freistoß aus dem rechten Rückraum landete in der Mauer und prallte zu Rúrik Gíslason, der von der Strafraumkante aus abzog, aber an Ortega scheiterte. So war es eigentlich klar, dass nur ein genialer Moment die Entscheidung würde bringen können und da Nürnbergs „Genie“ in Form von Schöpf extrem blass blieb und von Dominik Stahl aus dem Spiel genommen wurde, konnte es nur unser Genie sein: Andreas Pereira kippte wie so oft im Spielaufbau zwischen die linken Innenverteidiger Rodnei und Schindler ab, um sich den Ball zu holen – doch was in der 36' Minute folgte, war ein Kandidat für das Tor des Jahres. Pereira bekam den Ball von Rodnei in den Fuß gespielt, nahm ein paar Schritte Tempo auf und ließ Jan Polák aussteigen. Der Brasilianer spielte zwei One-Touch-Doppelpässe mit Daniel Adlung, lockte Georg Margreitter aus der Innenverteidigung hervor und ließ diesen dann mit einem Tunnler stehen, bediente sich noch eines Doppelpasses mit dem von Rechts eingerückten Krisztian Simon und schob den Ball vom Elfmeterpunkt aus ins Tor. Es wurde für einen Moment still im Stadion, ein gähnendes Schweigen und Raunen machte sich auf den Rängen breit – nur der Gästeblock war vor dem explodieren und auch Niels sah mich mit offenem Mund an. Doch ich lächelte nur – ich kannte Andreas' Qualitäten und war nicht wirklich überrascht, aber dennoch definitiv beeindruckt. Doch der Belgo-Brasilianer hatte gerade erst Gefallen am Spiel gefunden und leitete noch vor der Pause das 2:0 ein: Nach einem Doppelpass mit Pereira kam Adlung am Strafraumrand an den Ball und ließ Petrak stehen, ehe er den Ball in den linken Rückraum zu Marius Wolf prallen ließ. Der nahm den Ball an, visierte die lange Ecke an und nagelte das Leder unhaltbar neben den Pfosten. Damit war die erste Halbzeit sportlich Geschichte und nach einer kurzen Kabinenansprache ging es wieder auf den Rasen, wo wir den zweiten Sieg im zweiten Spiel perfekt machen wollten. Doch wie schon gegen Heidenheim waren wir auch dieses Mal in der zweiten Halbzeit offensiv recht harmlos, doch Nürnberg kümmerte das glücklicherweise nur herzlich wenig. Die Gastgeber hatten zwar mehr Ballbesitz, aber nur wenige Chancen: Kurz nach Wiederanpfiff schoss Sylvestr aus kurzer Distanz Ortega an, nach knapp einer Stunde setzte Burgstaller einen Kopfball nach Flanke von Laszlo Sepsi über die Latte. Die beste Gelegenheit hatte dann doch noch Alessandro Schöpf, der einen direkten Freistoß an den Außenpfosten setzte.
Am 22. Spieltag durften wir dann wieder zu einem Heimspiel antreten, es ging gegen den formschwachen Absteiger SC Paderborn. Abermals wurde nur geringfügig rotiert: Michael Liendl kam für Daniel Adlung in die Startelf, im Sturmzentrum übernahm Rubin Okotie wieder für Stefan Mugosa. Doch das erste Mal in dieser Saison erwischten wir keinen Glanzstart, tasteten uns vielmehr vorsichtig heran. Die erste Chance hatte Paderborn, als Rafa López einen Kopfball nach einer Ecke aufs Tor köpfte. Nach einem weiteren Angriff der Paderborner, den Süleyman Koc mit einem Distanzschuss abschloss, waren wir dann aber endgültig wach und präsent. Andreas Pereira steckte auf Marius Wolf durch, der sich an Heinloth vorbeitankte und abzog. Kruse bekam nur noch das Knie an den Ball, das Leder trudelte zu Rubin Okotie und der staubte eiskalt zur Führung ab – zweites Heimspiel, zweites Okotie-Tor. Zur Halbzeitpause war ich aber dennoch unzufrieden, denn viel mehr als diesen einen Angriff hatten wir nicht zusammenbekommen und so sah sich Niels, der vor Anpfiff noch für Liendl in der Startelf gewesen war, umgestimmt und Daniel Adlung übernahm neben Andreas Pereira. Doch das brachte rein garnichts, denn direkt klingelte es bei uns im Kasten: Khaled Narey wurde von Wittek nicht entscheidend gedeckt und flankte nach innen, wo Srđan Lakić sich im Kopfballduell mit Christopher Schindler durchsetzte und einnickte. „So ein Dreck!“ keifte Niels hinter mir und auch ich trat wütend mit meinem gesunden Bein gegen die Trainerbank. „Was ist denn das für eine sinnfreie bescheuerte Zuordnung! Ruf mir Rodnei und Chrissi an die Bank!“ erwiederte ich und stieß Niels mit dem Stock gegen den Oberschenkel, um ihm zu suggerieren, dass ich ihn meinte. Der nickte nur und tat wie geheißen, auch wenn er wohl selbst gerne den beiden Innenverteidigern den Kopf gewaschen hatte. Das Gespräch schien Wirkung gezeigt zu haben, denn in der Folge lief es defensiv deutlich besser und der einzige weitere Torschuss der Paderborner war ein Distanzversuch von Marvin Bakalorz, den Ortega aber ohne Mühe parieren konnte. Dann übernahmen wir wieder das Zepter und erspielten uns Chancen, doch ein Distanzschuss von Marius Wolf landete in den Armen von Lukas Kruse. Dann aber kam es zu der Szene, die das Spiel entscheiden sollte: Adlung erkämpfte den Ball im Spielaufbau und bediente Andreas Pereira. Der nahm mit einem Doppelpass Krisztian Simon mit und wir liefen in einer 3-gegen-2-Situation auf das Tor der Paderborner zu. Pereira bediente Simon, der flankte scharf und flach nach innen. Dort nahm Mugosa den Ball fünfundzwanzig Meter vor dem Tor an und war frei durch. Hauke Wahl stolperte ihm hinteher, verlor das Gleichgewicht und sprang dann ab. Der Ex-Kieler packte Mugosa mit beiden Händen an der Hüfte und riss ihn in Manier eines Football-Spielers von den Beinen – eine klare Notbremse, was auch das Schiedsrichtergespann einsah. Der Freistoß wurde dann von Andreas Pereira getreten, doch Paderborns Kruse wehrte den frech aufs Torwarteck gezielten Ball ab – jedoch nicht nachhaltig genug. Der Ball prallte zu Marius Wolf, der ihn mit einer halbhohen Flanke wieder in die Mitte beförderte, wo Stefan Mugosa sich gegen Heinloth durchsetzte und das Leder zur erneuten Führung ins Tor drückte. Damit war Paderborn erlegt, in der Schlussminute wurde es noch deutlicher: Mugosa machte im Konter als Wandspieler alles richtig und behauptete den Ball gegen zwei Verteidiger, ehe er mit der Hacke auf den durchstartenden Andreas Pereira weiterleitete. Der nahm den Ball mit und behielt frei vor Kruse die Nerven, auf 3:1 zu stellen – die Entscheidung war gefallen und ich konnte in meinem dritten Spiel als Trainer in Deutschland den dritten Sieg feiern.
Stefan Mugosa sorgte mit zwei Scorerpunkten für einen verdienten Sieg gegen Paderborn
Quellen: Okotie, Mugosa
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